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Ehemalige Nachtklinik im Erzgebirge

Wäre er mal besser im Teppichhandel geblieben, dachte ich mir. Schon damals beschäftigte mich lange nach meinem ersten Besuch in dieser ehemaligen Kurklinik die Frage, was einen alten Münchner Teppichhändler dazu bringt, eine in den erzgebirgischen Wäldern gelegene ehemalige Kurklinik zu kaufen.

Ich kann mich noch gut an die erste Begegnung erinnern. Es war an einem schönen Herbsttag und ich war früh vormittags ganz ohne die Absicht und mangels einschlägigem Equipment auch ohne die rechte Möglichkeit zu fotografieren im Erzgebirge unterwegs, um mich mit einem Freund auf eine Runde Golf zu treffen, der die notwendige Geduld mit mir für dieses Rasenspiel aufbringt, denn bei mir kann man im ureigenen Sinne des Wortes von Handicap sprechen, so lange wie ich brauche, bis ich den kleinen knochenharten Plastikball mit dem dafür vorgesehenen Eisenschläger in das mit einer Fahne markierte kleine Loch bugsiert habe. Um auf keinen Fall zu spät zu kommen und alles ganz in Ruhe angehen zu können, bin ich viel früher losgefahren, als eigentlich nötig.

Entlang einer durch ein dichtes Waldstück führenden Landstraße fallen mir Leute auf, die auf einem verwilderten Grundstück hinter einer wuchtigen Toreinfahrt Bäume mit dem typischen Getöse großer Kettensägen zu Fall bringen. Ich wäre an der Szenerie wohl relativ gleichmütig vorbeigefahren, hätte die große Toreinfahrt mir nicht erfahrungsbedingt bedeutet, dass es dazu in aller Regel auch ein grössenadäquates Bauwerk am Ende des dahinter liegenden Weges gibt. Also beschloss ich anzuhalten und die Akteure des faunischen Kettensägenmasakers anzusprechen. In gebrochenem Deutsch mit starkem osteuropäischem Einschlag verwies mich ein stämmiger Kerl, der in seinem schweissgetränkten Gesicht eine Maske aus kleinen Sägespänen trug, an den anwesenden Besitzer und offensichtlich seinen Chef. Der kam dann mit beherztem Schritt sogleich die Einfahrt herunter und er brauchte es gar nicht aussprechen, denn es stand ihm schon förmlich ins Gesicht geschrieben: . Noch bevor er seinen Gesichtsausdruck verbalisieren konnte, begrüßte ich ihn mit dem freundlichsten "Guten Tag" das ich spontan in der Lage war aufzubieten. Ich erklärte ihm, dass ich Fotograf sei und ich meine Motive in alten verlassenen Bauwerken suche und ich ein solches hier vermute; im Hintergrund schon einen ersten Anschein erhaschend, den mir die Toreinfahrt geboten hatte. Nach einer Weile taute der kleine schmächtige ältere Herr mit unüberhörbar griechischen Wurzeln auf und bot mir spontan eine Führung an.

Wir gingen gemeinsam die Einfahrt hinauf. Der Motorenlärm der Kettensägen wird leiser und man kann sich ohne erhobene Stimme unterhalten. Während der Führung schilderte mir der alte Grieche stolz, was er mit dem ehemaligen Klinikbau vor hat. Ein Luxushotel sollte es werden. So gut wie der Zustand des Gebäudes war und so schön seine Lage, so wenig konnte ich mir vorstellen, dass hier mal ein Hotel, geschweige denn ein Luxushotel entsteht. Die Bauarbeiten schienen so unkoordiniert und planlos, dass hier wohl alles mal entstehen möge, nur kein Luxus-Hotel. Mir tat der alte Mann regelrecht leid. Da stand er nun, in Mitten dieses von ihm verkannten Chaos, voller Enthusiasmus und beseelt von den Vorstellungen, hier einst ein Luxus-Hotel sein Eigen nennen zu können. Doch der alte Teppichhändler sollte tatsächlich fulminant scheitern.

Bei seiner Führung zeigte der Hotelier in spe jedoch wenig Geduld mit einem Fotografen, sodass ich mit meiner kleinen Hilfskamera nur einige schnelle Schnappschüsse aus der Hand mitnehmen konnte – ihn als unfreiwilliges Motiv inklusive. So blieb dieses schöne und eindrucksvolle Gebäude bei mir gelistet, wenn auch auf den hinteren Plätzen.

Nach langer Zeit, bei der Vorbereitung einer neuen Fototour, fiel mir dann die alte Klinik wieder in die Hände und wir beschlossen, ihr einen zweiten Besuch abzustatten. Vielleicht fahren wir ja vor einem schmucken Hotel mit schöner Sonnenterrasse vor und trinken genüsslich eine Tasse Kaffee.

Wir fahren den damaligen Weg in Richtung Erzgebirge. Sofort erkenne ich die alte Einfahrt an dem großen wuchtigen Tor wieder, das da immer noch ist. Wir parken den Wagen unmittelbar neben der Einfahrt. Die starke Vermutung, dass aus dem Hotelprojekt nichts wurde wich sofort eindeutiger Gewissheit, als wir sahen, dass aus den Baumstümpfen schon wieder triebige Büsche gewachsen sind. Wir gehen die Einfahrt hinauf, wie ich einst mit dem alten Griechen. Als wir dem Gebäude näher kommen sehen wir, dass die Tür aufsteht. Auch sonst fällt auf, dass der Vorplatz mit allerlei Unrat übersät ist.

Wir treten ein und uns begegnet ein Bild der Verwüstung. Nicht dass uns das neue wäre. In manchen Gebäuden bedarf es sogar eines gewissen Grades an Verfall und einer kleinen Dosis an Zerstörung, damit die Atmosphäre entsteht, die wir so mögen. Hier ist es allerdings insofern anders, als dass ich noch klar vor Augen habe, wie es hier vor wenigen Jahren noch aussah. Einmal durchwischen und -saugen, ein paar Lampen auswechseln und die Fenster putzen; schon hätte man die Kurklinik wieder in Betrieb nehmen können. Doch wenn erst mal ein Gebäude vogelfrei ist, dauert es nicht lange und es wird ausgeweidet wie das Aas von den Geiern. Was übrig ist, wird von kleinhirngesteuerten Vandalen zerhauen. Und dann kommen da noch die Schmierer, die ihre Hakenkreuzchen setzen wie räudige Strassenköter, die ihr Revier markieren.

Der Traum vom Luxushotel im Wald unter Scherben- und Schutthaufen begraben. Statt dem distinguiert-vornehmen Glanz eines feudalherrschaftlichen Hotels, Verfall, Verwüstung, Zerstörung. Tragischer kann ein Bild des Scheiterns wohl nicht sein. Dem alten Griechen muss es das Herz gebrochen haben. Doch wer kannte schon die Geschichte von dem alten Mann und seinem Traum. All die sich hier zu schaffen gemacht haben sicher nicht. Für sie ist es eine herrenlose Ruine, derer man sich bemächtigen kann, wie ein aufgegebenes Schiff auf offener See. Der Zufall wollte es, dass ich dem außergewöhnlichen alten Herrn begegnet bin, dass die ehemalige Kurklinik ein Gesicht bekam und eine ganz persönliche Geschichte. Die vielen anderen Bauwerk, die ich schon fotografiert habe, sind auch für mich anonym – reduziert auf das Motiv für meine Kamera, ohne jeden persönlichen Bezug. So sind wir alle mit unserem Schicksal doch am Ende allein, können es weder voraussehen, noch ihm entgehen, sondern es nur annehmen – oder, um es mit Berthold Brecht zu sagen: das Schicksal des Menschen ist der Mensch.


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