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Corona und der Verschwörungseffekt

Über zwei Jahre Corona-Ausnahmezustand und jeder Supermarkt-Besuch offenbart uns mit den heute immer noch so vielen maskenverhüllten Gesichtern, wie wenig von der Ausnahme noch übrig ist.

Hätten wir vor drei Jahren in einem Restaurant vom Nachbartisch Gesprächsfetzen mit Begriffen wie „Inzidenz“, „Hospitalisierung“, „R-Wert“ oder „Mortalität“aufgeschnappt, wäre wohl die Erkenntnis gewesen, dass sich da Wissenschaftler eines sehr speziellen Fachgebiets in ihren eigenen Termini austauschen, von denen wir nicht die leiseste Ahnung haben. Heute gehören diese Begriffe zum Standardvokabular an jedem Kneipen-Stammtisch und das damit behandelte Thema hat die Frage, ob es im letzten Bundesligaspiel Abseits war, oder nicht, qualifiziert verdrängt.

Wie wir wohl in ein paar Jahren auf diese Zeit zurückblicken werden, in der sich Anstand in räumlich gemessenem Abstand ausdrückt, was wir früher bestenfalls bei traditionellen asiatischen Begrüßungsritualen beobachten konnten? Wie werden wir die Zeit reflektieren, in der absolut selbstverständliche Gewohnheiten und Routinen unseres täglichen Lebens plötzlich verboten oder zumindest unangebracht waren und wir von jetzt auf gleich Verhaltensweisen ändern mussten, denen wir in der Vergangenheit keinen bewussten Gedanken widmen mussten? Was werden wir aus dieser Zeit langfristig behalten?

Einigermaßen unstrittig steht wohl heute schon fest, dass wir nicht erst, aber doch besonders seit Corona in einer Zeit leben, in der wichtige Orientierungspunkte unseres Lebens, an denen wir uns bisher gut ausrichten konnten, nicht mehr zweifelsfrei existieren und für viele Menschen das Richtig- und Falsch-Kontinuum aus den Fugen geraten ist. Viele stellen sich daher die Frage, wem oder was kann ich heute noch vertrauen.

Einer dieser Orientierungspunkte ist seit jeher die Wissenschaft. Sie hat den Zweck, es dem Menschen in der Welt, in der er mit anderen Menschen zusammenlebt, zu ermöglichen, sich verlässlich zu orientieren. Die Wissenschaft ermöglicht, die unbestimmte Vielfalt der Natur messbar und damit gezielt verfügbar zu machen. Dies begann unter anderem mit dem Kalender. Antike Hochkulturen haben damit den Jahresverlauf messbar gemacht. Eines der bekanntesten Beispiele ist Stonehenge. Je regelbasierter wir unsere Umwelt wahrnehmen können, desto mehr haben wir das Gefühl, sie zu verstehen. Wir wollen wissen, woraus unsere Welt besteht und was sie im Innersten zusammenhält. Doch das, was wir mit unseren Sinnen erfassen können, stellt heute nur noch einen kleinen Ausschnitt all der inzwischen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse dar. Dahinter oder darüber hinaus gibt es Naturgesetzmäßigkeiten, die weit über das direkt von uns erfassbare hinausgehen. Wir müssen uns damit begnügen, dass es sie gibt – im wahrsten Wortsinne können wir sie nicht begreifen.

Der Orientierungspunkt der Wissenschaft gerät allerdings auch an die Grenzen seiner Wirkkraft,wenn es um die Sozial- und Gesellschaftswissenschaften geht. Die althergebrachte These, dass sich das Verhalten des Menschen genauso erforschen, erklären und letztlich bestimmen lässt, wie die Phänomene der Natur, da der Mensch doch auch ein Teil dieser ist, stand noch nie so in Frage, wie heute. Man weiß inzwischen, dass es beim Menschen keine Gesetzmäßigkeiten im naturwissenschaftlichen Sinne gibt. Es ist nicht möglich, das Wesen des Menschen zu kategorisieren und zu reduzieren auf ein klar strukturiertes wenn-dann-Schema. Man weiß heute, dass man sich mit der Fülle und Vielfalt des Menschen abfinden und auseinandersetzen muss, so gut wie ungenau es eben geht.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis mussten und müssen unsere politisch Verantwortlichen Entscheidungen in einem extremen Spannungsfeld treffen und das zudem auf Basis unausgegorener Erkenntnisgrundlagen aus der Medizin über ein neues Virus und der dagegen entwickelten Impfstoffe. Dazu kommen die Abwägungen im Wertekanon unserer Gesellschaft, der in Sachen Corona ein extrem heterogenes und differenziertes Spektrum hat.

Der Klimawandel dagegen ist heute basales politisches Tagesgeschäft. Die Evidenzen sind zahlreich, belastbar und inzwischen in der Gesellschaft mehrheitlich er- und anerkannt. Der Unterschied zu Corona ist die Problemdauer! Schon seit den 80ern steht fest, dass wir dem Planeten mehr abverlangen, als er im Stande ist regenerativ für uns bereitzustellen. Es hat allerdings über zwei Jahrzehnte gedauert, bis das Problem mehrheitlich als tatsächlich gegeben akzeptiert wurde. Die lange Weigerung, die Fakten anzuerkennen, gründete sich politisch vor allem darin, dass man damals keinerlei mehrheitsfähige Problemlösung für den Klimawandel gehabt hätte. Blickt man in der Geschichte zurück, stellt man fest, dass die Politik schon immer ihr unangenehme Wahrheiten so lange wie irgend möglich verdrängt und ihre Anzeichen ignoriert hat und das eben vor allem dann, wenn weit und breit keine Lösung für die damit verbundenen Probleme in Sicht waren.

Die Corona-Pandemie durchbricht hier die tradierten politischen Usancen. Noch nie hat die Politik so schnell auf die Wissenschaft gehört, als unübersehbar wurde, dass sich der neuartige Virus rasend schnell ausbreitet. Da Corona auch die Wissenschaft einigermaßen kalt erwischt hat, war allerdings das, auf das die Politiker bereit waren zu hören, nicht sonderlich viel bzw. erkenntnisgesichert. Auf dieser Basis versuchten man möglichst sachlich-rational zu entscheiden. Es ging um die Frage, wie viele Einschränkungen man der Bevölkerung zu ihrem eigenen Schutz zumuten kann, welchen Schaden an der Wirtschaft man in Kauf nehmen muss und wie viele ultimative Kollateralschäden in Form von Toten man in der Gesamtabwägungadäquat verantworten kann.

In einem sind wir alle archaisch gleich konditioniert, ob verantwortlicher Politiker oder „einfacher Bürger“: was wir für richtig oder falsch, brauchbar oder unbrauchbar, gut oder böse halten, ist eine Orientierungsleistung unseres Gehirns. Die Evolution hat uns dazu ein Hilfsmittel beschert, das wir instinktiv bis heute anwenden: Wahrheiten nehmen wir vor allem dann als solche an, wenn sie nützlich und praktisch sind. Der Wahrheitsgehalt einer Information bemisst sich also für uns zunächst in einem nicht unerheblichen Einflussgrad an ihrer tatsächlichen Nützlichkeit. Das bedeutet nicht, dass uns das, was wir für wahr halten,uns unbedingt gelegen kommen muss. Wenn wir beispielsweise erfahren, dass ein geliebter Mensch verunfallt ist, dann wollen wir das am liebsten nicht wahrhaben, aber wir begreifen sofort, dass es nützlich ist, diese Information für wahr anzunehmen und dies in unser Gedankengerüst für eine weitere Verwendung aufzunehmen. Jeder Mensch verfügt allerdings über ein unterschiedlich aufgebautes Gedankengerüst, abhängig davon, wo, wie und mit wem er aufgewachsen ist. Außerdem gibt es unterschiedlich wissende und verschieden intelligente Menschen, wobei das eine mit dem anderen wenig zu tun hat. Man kann sich durch Fleiß sehr viel Wissen aneignen, ohne über einen hohen Intellekt zu verfügen und man kann über einen sehr hohen Intellekt verfügen, ohne dass man über viel Wissen verfügt. Daraus folgt zwingend, dass es keiner absoluten Wahrheiten bedarf, damit wir uns alle trotzdem in der Welt, in der wir leben, zurechtfinden. In den meisten Fällen genügt es, dass die Informationen, die wir aufnehmen, uns nützen und in unser Gedankengerüst passen. Das ist die Wahrheitsfindung unseres Alltags, mit der wir allermeist sehr gut zurechtkommen. Das ist für unser alltägliches Leben auch sinnvoll, denn wenn wir jede Information, die in unser Leben tritt, erst für wahr annahmen, wenn wir ihr auf den innersten Grund gegangen sind, also überprüfen, ob ihr Inhalt auch wirklich stimmen kann, würden wir durch Zweifel an allem und jedem lebensunfähig zugrunde gehen. Unsere Denkroutine ist also überlebensnotwendig, uns in den allermeisten Fällen mit dem Input zu begnügen, den wir gerade bekommen, solange er in unserem Denkschema halbwegs die Plausibilitätsprüfung besteht. Jeder Mensch hat also ein sehr individuell ausgeprägtes Gedankengerüst, in das er eine Information aufnimmt oder deren Aufnahme für sich ablehnt, weil sie einfach nicht hineinpasst.

Dem Corona-Virus heftet nun der Fluch an, dass die Wissenschaft auf viele Frage noch keine unumstößlich fundierte oder vollständige Antwort hat bzw. haben kann. Das fängt bei der Frage an, wo der Virus herkommt und hört an dieser Stelle noch lange nicht auf. Das so entstehende Erkenntnisvakuums kleiden nun viele aus mit der hohen Fiktionsfähigkeit, die uns Menschen gegeben ist. Denn wir alle haben grundsätzlich das Verlangen nach Stimmigkeit. Das entspringt bereits unserem Selbstbild, in dem unsere eigene Persönlichkeit eine reflektierte Stimmigkeit haben muss, mit der wir uns identifizieren können. Insofern sind wir alle mehr oder weniger empfänglich für die gefällige Bereitstellung fehlender und passender Puzzlestücke zu einem stets erstrebten stimmigen Gesamtbild.

So war zum Beispiel für einige das passende Puzzlestück der Microsoft-Gründer, Bill Gates, der diesen Virus in einem super geheimen Labor entwickelt und sodann freigesetzt hat, nur um danach über einen entsprechenden Impfstoff allen Menschen einen Chip zu implantieren, mit dem er mit wem auch immer im Bunde was auch immer anstellt.Für andere soll der Impfstoff schlicht das Problem der Überbevölkerung beseitigen,idem dieser bei vielen Menschen zum allmählichen Tod führt, ohne dass es natürlich sofort auf das Vakzin zurückzuführen ist. Auch für derlei Theorien beziehungsweise Überzeugungen hält die Menschheitsgeschichte zahlreiche Gleichungen bereit, ob es nun die Juden, die Freimaurer oder die Jesuiten waren, die man für das allen Übels der Welt verantwortlich machte. Es ist immer ein Zirkel absolut skrupelloser und gleichwohl extrem einflussreicher Leute, die im Geheimen die Strippen ziehen zum großen Verderben aller.

Schließlich war es noch nie so einfach, wie heute, sich in derlei Überzeugungen mit Gleichgesinnten zu verbinden und gegenseitig überzeugungsverstärkend auszutauschen. In den digitalen Kathedralen des Internets findet jeder seinen unabdingbar notwendigen Exorzismus, der an allen ungefragt anzuwenden ist, die auf Irr- und Abwegen sind.

Legitimierend kommt in einer solchen „Glaubensgemeinschaft“ das Bewusstsein hinzu, im Besitz eines Geheimwissens zu sein, über das nur wenige verfügen.Das Selbstwertgefühl wird extrem stärkt. Man hat mit wenigen durchschaut, was den meisten im Verborgenen oder mindestens im Ungewissen bleibt. Es stellt die Wissenden über das Heer all der verlorenen Ahnungslosen, die dem Verderb preisgegeben sind, weil sie es schlicht nicht besser wissen. Und die Erkenntnislücken der Wissenschaft sind stets ein verstärkender Beweis dafür, dass stimmen muss, was postuliert wird.

Eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgabe muss heute die Ausbildung des kritischen Urteilsvermögens sein in einer immer komplexer werdenden Informations- und Wissensgesellschaft. Wir brauchen eine ausgeprägte und reflektierende Sensibilität dafür, was man für Vertrauenswürdig halten kann und damit auch ein sensibles Bewusstsein für die Tücken des eigenen Denkens.

Nur so schaffen wir es, dass die Gräben, die unsere Gesellschaft inzwischen durchziehen,nicht noch größer werden und wir wieder zu einem offenen und respektvollen Diskurs zurückfinden.

 

© Christian Sünderwald, 12.4.2022

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